Ich durfte in den letzten Jahren einige erfolgreiche Karrieren erleben (teilweise auch unterstützten) – habe aber auch einige herbe Fehlstarts mitbekommen. Ich denke mir oft, dass es bei den „Fehlstarts“ in die Selbständigkeit zwei grobe Erklärungsmuster gibt.
1. Du bist soweit, aber du „fühlst dich noch nicht soweit“.
Dein Umfeld, Kollegen und erfahrene Trainer sagen zu dir, „Du kannst das!“ – und dennoch bist du am Zweifeln und ängstlich vor dem „Sprung ins kalte Wasser“. Entspann dich ;o) Natürlich fühlst du dich nicht so weit! Wenn Du Anfänger bist, ist das normal. Wenn du völlig von dir überzeugt wärst – und diese Gedanken/Gefühle überhaupt nicht in dir auftauchen würden – dann würde ich mir Sorgen machen! Die Seminarszene braucht nicht noch mehr selbstüberschätze Egomanen a´la Jürgen Höller und Co.
Du wirst Fehler machen, dich alleine und inkompetent fühlen, Bauchschmerzen und Panikattacken haben (ich spreche aus eigener Erfahrung). Die Frage ist, ob du es trotzdem schaffst, ein Training anzubieten, mit deinem Auftraggeber zu verhandeln, das Seminar vorzubereiten, durchzuführen und dabei zu lernen!
Es hilft nichts, wenn du deine Ängste unterdrückst – aber wenn deine Sorgen so groß sind, dass sie dich am Handeln hindern, dann brauchst du (zeitweise) Unterstützung (meist in Form von Austausch und Empathie) Tritt einem „Erfolgsteam“ bei (oder gründe eines) oder suche dir Hilfe in einer Einzelberatung, möglichst bei einem erfahrenen Trainer (und bitte nicht bei uns anfragen, wir sind total „voll“).
Das war der einfache Fall, nun wird´s komplizierter…
2. Du bist (noch) nicht soweit, aber du „fühlst dich soweit“
Du bist völlig überzeugt, dass du es kannst – aber du findest keinen Anklang mit deinem Angebot. Du hast dir ein Jahr lang (oder gar länger) ziemlich erfolglos die Hacken abgelaufen, Vorträge gehalten, bei Weiterbildungsinstituten angeklopft, Seminare organisiert – und du findest schlicht keine Resonanz mit deinem Angebot: Dann stehen die Chancen gut, dass du dir selbst etwas vormachst. Dann bist du (noch!) nicht soweit.
Was heißt das?
- Du sagst zwar „Ich habe so viel Spaß in Trainings“ – aber tatsächlich fühlst du dich in der Rolle des Trainers schrecklich (und verdrängst das).
- Du sagst zwar „Ich möchte lernen und bin offen für Rückmeldungen.“ – aber tatsächlich erreicht dich das negative Feedback deiner Teilnehmer oder Kollegen überhaupt nicht
- Du sagst zwar „Ich möchte selbständig arbeiten.“ – aber tatsächlich hast du zuviel Angst vor der vermeintlichen Unsicherheit als Selbständiger.
- Andere sagen zwar „Ja, mir gefällt, was du machst.“ – aber sie haben sich im Kontakt mit dir nicht wirklich wohl gefühlt und waren einfach nicht ganz ehrlich. Dann empfehlen sich dich nicht natürlich nicht weiter, organisieren kein Seminar mit dir, geben dir keinen Auftrag etc.
Also kurz gesagt: Entweder du selbst oder andere sagen dir nicht die (ihre) ganze Wahrheit.
Das sind vielleicht „harte“ Aussagen – aber ich würde mich freuen, wenn du mir glaubst, dass ich dies nicht sage, um dich noch tiefer zu verunsichern oder dir den Job nicht gönnen würde. Weit gefehlt, ich möchte dazu beitragen, dass es mehr erfolgreiche=glückliche Konflikt-Trainer (und -innen) gibt- das braucht unsere Welt dringend.
Dabei geht es wahrlich nicht um „Perfektion“, aber dieser Job kann höllisch anstrengend und schmerzhaft einsam sein – und mit diesen Emotionen musst du umgehen lernen und gleichzeitig arbeitsfähig bleiben. Da hilft nur, dich selbst als Teilnehmer, als Asisstent und dann als Co-Leiter diesen Emotionen zu stellen und „hindurchzuwachsen“. Ein „Drumherum“ gibt´s da leider nicht (dazu ein andermal mehr).
Vielleicht fragst du dich nun, „Warum sagt mir das keiner?“
Tu ich ja gerade ;o) Aber im Ernst: Das Problem ist das viele Menschen sich scheuen, dir völlig ehrliches Feedback zu geben – selbst wenn du sie fragen würdest (aus Angst, dir weh zu tun). Auch mir fällt das manchmal schwer, weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass gerade diejenigen die „so von sich überzeugt sind“, mit meinem offenen Feedback dann überhaupt nicht umgehen können, d.h. es sofort persönlich nehmen, „eingeschnappt“ sind, sich rechtfertigen etc. – und dann habe ich die Entscheidung am Hacken, was tun… Empathie geben, mir ungewollte Rechtfertigungen anhören, weglaufen ;o) Da wähle ich auch oft den bequemeren Weg – und gebe Feedback nur, wenn ich ausdrücklich gefragt werde.