Gewaltfreie Kommunikation, Liebe und Partnerschaft
Dr. Marshall B.Rosenberg sagte im Gespräch mit Gabriele Seils in dem Buch „Konflikte lösen durch Gewaltfreie Kommunikation“:
Sobald wir Bedürfnis und Bitte vermischen und denken, unser Bedürfnis kann nur von einer bestimmten Person oder auf eine bestimmte Weise erfüllt werden, schränken wir uns ein und aus der Fülle wird Knappheit. […] Niemand hat Freude daran, mir etwas zu geben, wenn die Erfüllung meiner Bedürfnisse von ihm allein abhängig ist.
Wenn beispielsweise eine Frau ihr Bedürfnis mit der Strategie vermischt, könnte das in einer Aussage ihrem Partner gegenüber so klingen: „Ich hatte einen harten Tag und will dir davon erzählen“. Die Bedürfnisse der Frau könnten Verständnis oder Empathie sein. Die Strategie ist: „Mit dir!“. Sie hat also eine Lieblingsstrategie, sie möchte es ihrem Partner erzählen. Die Gefahr ist, wenn sie ein „Nein“ von ihrem Partner bekommt, dass sie nicht sieht, dass es auch andere Menschen gibt, die diese Bedürfnisse erfüllen könnten und, dass sie das „Nein“ gegen sich wertet und zu der Anklage kommt: „Wenn du mir nicht zuhören willst, liebst du mich auch nicht!“ – da wird´s dann für beide eng…!
„Gib mir alles“ – eine Partnerschaft soll Bedürfnisse erfüllen
Man spricht von einer erfüllenden Partnerschaft, wenn sie Bedürfnisse befriedigt bzw. wenn die Partner in Austausch und gemeinsamen Ringen zu den Bedürfnissen und Themen bleiben, auch da, wo es nicht so leicht miteinander ist. Es gibt für viele Bedürfnisse viele Menschen, die beitragen könnten, und dennoch: Ein Mensch ist keine beliebig austauschbare Strategie!
- Zugehörigkeit
- Geborgenheit
- Vertrauen
- Liebe
- Nähe
- Intimität
- Anerkennung
- Wachstum und Lernen
- Unterstützung
- Angenommen sein
- Wertvoll sein
- Sexualität
- Feiern und Trauern
- Fortpflanzung
- Freiheit
- Autonomie
Ein(e) Partner(in) ein Leben lang ? !
Die meisten von uns haben den Traum, sich all diese Bedürfnisse ein Leben lang mit einem Partner zu erfüllen. Statistiken beweisen, dass dies meist ein Traum bleibt. Andere vertreten die Meinung, dass der Partner nur eine Strategie von vielen sei, um sich diese Bedürfnisse zu erfüllen. In der Praxis sieht die Sache aber ganz anders aus und vor allem – es fühlt sie sich ganz anders an.
Besonders fühle ich die Liebe und das Begehren, wenn ich verliebt bin, meinen Partner vermisse oder gar Angst haben muss, ihn zu verlieren. Der Gedanke, den geliebten Menschen zu verlieren, fühlt sich an wie sterben müssen. Das Verlieben passiert einfach, da fällt keine bewusste Entscheidung, genauso wenig, wenn ich mich „entliebe“.
Wenn die Liebe auf Gegenseitigkeit beruht, fallen Sätze wie: „Wir sind wie für einander geschaffen“, „Wir gehören zusammen“, „Mit uns ist es etwas ganz besonderes“. Ich denke diese Sätze beschreiben das Gefühl dieser starken Anziehung und den Eindruck, sich selbst durch den anderen zu erkennen, ineinander zuhause zu sein oder ineinander aufzugehen. Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass Beziehung ganz viel Lebensenergie freisetzt, oder erlahmen lässt.
Lebenslange Liebe ist ein Geschenk – keine Entscheidung
Jeder Mensch, mit seiner ganz ureigenen Art, ist einzigARTig. Jede Beziehung zwischen zwei Menschen ist es ebenso. Ich hatte einen Freund. Er ist an Krebs erkrankt und vor 11 Jahren gestorben. Ich vermisse ihn immer noch. Wenn ich mich zurück erinnere, kommen viele Szenen, in denen er meine Bedürfnisse erfüllt hat. Das schönste für mich war, dass ich mich immer so willkommen gesehen habe, wenn er mich begrüßt hat. In den letzten 11 Jahren habe ich mich in Begegnungen viele, viele Male ganz genauso herzlich willkommen gesehen. Das ist schön und macht mich glücklich. Trotzdem begrüßt mich jeder auf seine Weise und niemand so, wie es seine Art war. Durch ihn lerne ich, dass Beziehung Liebe, den Tod und alle Strategien überdauern kann.
Jede Beziehung ist ein Geschenk. Jedes JA von einem Partner ist ein Geschenk, auch wenn es nicht ein Leben lang hält oder all meine Lieblingsstrategien erfüllt.
Oder wie sehen Sie das? Ich freue mich über Fragen und Kommentare.
Bildquelle: Rosel Eckstein / pixelio.de