Kirstin Nickelsen, Akquise-Fachfrau, Mediatorin und „Maschinistin“ aus Hamburg, hat hier eine interessante Diskussion zum Thema Mediation und Akquise angeregt, die auch für Konflikttrainer anregend ist.
Zusammengefasst bestätigen diese und ähnliche Diskussionen, was ich oft in unseren Mediationsausbildungen erzähle, nämlich…
- Es gibt nur wenige MediatorInnen, die (ausschließlich) von Mediation leben können. (Mediationsausbilder, die ihren Teilnehmern etwas anderes verkaufen, haben entweder keine Ahnung oder Schlimmeres…;o) Warum?
- Mediation ist zum Einen immer noch relativ unbekannt und zum Anderen, fürchte ich, ziemlich „unbeliebt“. Den Bekanntheitsgrad von Mediation kann man relativ leicht erhöhen, da hat sich in den letzten Jahren durch die Lobbyarbeit verschiedener Verbände viel getan. Aber…
- Mediation ist „unbeliebt“, weil jede Konfliktarbeit individuelle und kollektive „Schattenseiten“ ans Licht holt. Dabei werden tiefe Ängste berührt (Angst vor Ausschluss/Alleinsein, Kontaktabbruch, Liebesentzug etc.) was wiederum eine Vielzahl von „Widerstandsmechanismen“ hervorruft.
Ein tieferes Verständnis der „Kundenwelt“ ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Akquise!
Konflikte sind ein Tabuthema
Ich spreche hier nicht über die 10-20% der Bevölkerung (in Industriegesellschaften), für die Konflikte „eine positive Veränderungschance“ sind und zum „menschlichen Wachstum“ gehören – die kommen sowieso zu Euch in die Praxis bzw. ins Seminar. Ich spreche über die 80-90% der Bevölkerung, für die Konflikte schlicht tabu und angsteinflößend sind. Aus dieser Angst heraus werden Konflitthemen primär meist einfach verdrängt, solange bis es „kracht“ oder nicht mehr geht.
Das ist wahrlich keine neue Erkenntnis, und dennoch versuchen manche Mediatoren, diese Tatsachen zu ignorieren und wundern sich, warum sie kein Geld mit ihrer Arbeit verdienen. Manche beschweren sich dann auch noch, „dass die Menschen den Wert ihrer Arbeit einfach nicht verstehen“.
Bei allem Respekt, aber wie egozentrisch kann man eigentlich sein? Eins habe ich gelernt: Wenn ein (potentieller) Klient den Wert meiner Arbeit nicht versteht, dann liegt das in 99,5% der Fälle nicht an der Intelligenz meines Gesprächspartners… ;o)
Statt uns über die Begriffsstutzigkeit unserer Kunden zu beschweren, würde ich vorschlagen, diese wirklich zu verstehen. Mit Verstehen meine ich, sich auf einer tieferen Ebene mit der Weltsicht Eurer Klienten und Kunden zu befassen, um herauszufinden, was die grundlegende Motivation für deren Verhalten ist.
Vereinfacht würde ich die Mainstream-Perspektive zu Konflikten so beschreiben:
„Konflikte hat man nicht, und wenn man sie hat, spricht man nicht darüber, und wenn man darüber spricht, dann nur Zuhause, in der Kneipe, beim Friseur oder beim Anwalt. Wer Konflikte hat und sie nicht selbst lösen kann, ist inkompetent, unfähig…“
Wer sich derart in die Weltsicht seiner Zielgruppe einfühlt und danach immer noch keine neuen Ideen für ein besseres Marketing oder eine erfolgreichere Akquise hat, dem kann ich auch nicht mehr helfen – aber ein paar Tipps gibt´s trotzdem noch … ;o)
Grundsätzliche Tipps für die eigene Akquise
- Im Mediationsmarketing müssen die Vorteile und Nutzen für die Kunden beschrieben werden – und es sollte klar sein, warum der Begriff „Konfliktlösung“ aus Klientensicht meist keine nachvollziehbare Beschreibung des Nutzens, sondern ein Ausdruck der emotionalen Folterkammer ist. Also besser nicht über „Mediation als Konfliktlösungsverfahren“ sprechen, sondern über Mediation als Weg für „gelungene (Arbeits-)beziehungen“, „begeisternde Teamarbeit“, oder als Beitrag für „Das Wohl von Kindern während der Scheidung“, für einen „Schnellen Weg aus der Streitfalle“ etc.pp.
- Mediation ist ein „Beigeschäft“ und wird es wohl auch noch die nächsten Jahre noch bleiben. Soll heißen, Mediation verkauft sich (vor allem im Organisations- und Unternehmensbereich) praktisch ausschließlich „nebenbei“ (nach einem Seminar, einem Coaching, einem Vortrag) oder als 2. oder 3. Schritt in einer fortlaufenden Geschäftsbeziehung.
Es ist wesentlich erfolgversprechender, Mediation im Rahmen ein umfassenderen Organisationsberatung einzusetzen oder nach Abschluss eines erfolgreichen Kommunikations- oder Verhandlungstrainings anzubieten. - Mediation ist noch mehr als andere Beratungsformen ein „Vertrauensgeschäft“. Ohne eine persönliche Vertrauensbasis zwischen Auftraggeber und Mediator läuft gar nichts. Macht es Euren Kunden also so einfach wie möglich, Eure Arbeit persönlich kennenzulernen. Vorträge, Live-Demos und Fime (Wie wär´s mit einer Präsentation in YouTube?) ,Interviews, Netzwerken und Beiträge in Online-Foren , eine informative Homepage und, wie gesagt, vor allem Seminare sind dafür besonders geeignet.
- Akquiriert Mediationen auch da, wo ihr schon aktiv seid und Zugang habt, oder gar schon angefragt werdet, auch wenn dies nicht Eure Lieblingszielgruppe ist – z.B. in der Schule, im Kindergarten, im Verein, im eigenen Berufsverband – eben überall da, wo die Menschen schon Vertrauen zu Euch haben. Gute Erfahrungen sprechen sich herum und ihr werdet weiter empfohlen.
- Wenn Ihr ausreichend Mediationserfahrung habt, bietet Konflikttrainings oder auch Ausbildungen für Mediation an. Manchmal höre ich Aussagen wie „Mediationsausbilder bilden arbeitslose Mediatoren“ aus. Ist dies Frust unausgelasteter Trainer oder nur Unwissenheit über den gesellschaftlichen Nutzen von mediativ ausgebildeten Lehrern, Führungskräften, Erzieherinnen, Eltern etc.pp.? Meiner Meinung nach kann es in der heutigen Welt nicht genug Mediatoren geben, die in der Lage sind, transformativ mit Konflikten umzugehen.
In diesem Sinne viel Erfolg wünscht
Markus Sikor