Am besten gar nicht…kleiner Scherz, aber nur halb scherzhaft, leider.
Ich hatte in letzter Zeit zwei Begegnungen, in denen es darum ging, wie man „richtig gewaltfrei“ reagiert. Konkret ging es um die Frage, ob man, wenn jemand wütend ist, mit der Frage „Bist du wütend?“ oder mit der Feststellung „Du bist wütend!“ „richtig gewaltfrei“ reagiert. Dieses Thema wurde/wird wohl ernsthaft auch unter „GFK-Erfahrenen“ (dito GFK-Trainern) diskutiert.
Meine spontane, aufgrund der Thematik leicht frustrierte Antwort darauf war immer: „Das ist doch sch…egal!“ (sorry für meine gewalttätige Ausdrucksweiswe ;o). Ausführlicher ausgedrückt: Die Frage kann man so nicht beantworten, es kommt auf den Kontext an. Und grundsätzliche macht die Frage für mich keinen Sinn, weil für die Entscheidung“ gewaltfrei oder nicht?“ die HALTUNG hinter den Worten entscheidend ist – nicht die Worte!
Man kann ein „gewatlfreies Gespräch“ nicht an den Worten erkennen. Marshall Rosenbergs Antwort auf derartige Fragen war immer, dass „man auf außen nicht sagen kann, ob jemand „GFK“ spricht, oder nicht!“ – und wer je Marshall in schwierigen Diskussionen erlebt hat, wird dem zustimmmen, seine Worte klangen oft nicht „gewaltfrei“, aber seine Haltung war es.
Man kann nur als Beteiligter (!) in einem Gespräch, im inneren Erleben der Kommunikation, entscheiden, ob das Gespräch „gewaltfrei“ verläuft, oder nicht. Dafür gibt es keine einfachen, äußeren Kriterien.
Die Unterscheidung von „äußeren“ und „inneren“ Kritierien ist hier entscheidend. „Äußere“ Krierien sind beobachtbar, messbar (Worte), innere sind das nicht (Gefühle, Werte, Bedürfnisse etc.). Jeder kann die 4 Schritte lernen, aber das heißt noch nicht, dass er auch bemüht ist, die Haltung der Gewaltfreien Kommunikation zu leben. Und auch, wenn jemand darum bemüht ist, bedeutet das noch nicht, dass er diese Haltung auch in schwierigen Gesprächen leben kann. Warum das so ist, habe ich schon vor längerer Zeit in in „GFK – einfach zu lernen, schwierig zu integrieren“ und in „Lernstufen in der Gewaltfreien Kommunikation“ beschrieben.
Auch ich selbst merke immer wieder, wie ich in verschiedenen Situationen „aus der Haltung“ falle. Das finde ich völlig normal, der wichtige Punkt ist, ob man es merkt, oder nicht und was man dann damit macht. Mir geht es in der Gewaltfreien Kommunikation nicht um Perfektion, sondern darum, wie es Marshall Rosenberg gerne ausdrückte, „to become less and less stupid“ („immer weniger dämlich zu werden“).
Hallo Markus,
Danke für die Auffrischung! Habe mich auch grade mit Deinen 2 anderen Artiklen beschäftigt und finde sie sehr lesenswert. Ich stimme Dir voll zu, sage selbst, dass ich als GFK-ler das Glück einer 2. Chance habe. Nachdem ich die Wolfzähne gezeigt habe, (was halt immer mal wieder vorkommt) merke ich heutzutage, dass da noch was war – GFK- und dann suche ich den 2. Kontakt zu mir und zum anderen. Danke für Deine Hilfe, die ich durch Dich auf diesem Weg erfahren durfte.
Franz
Hallo Franz,
schön, von dir zu lesen und vielen Dank für deinen anerkennenden Kommentar!! Freut mich, dass du in meinem Blog Anregungen gefunden hast. Ich wünsch dir viel Erfolg bei deiner Arbeit.
Liebe Grüße,
Markus
Ach, es ist so erlösend, überhaupt mal wieder was von dir zu lesen – und vor allem, wenn es so fein ist! 😀
Am besten gefiel mir der Satz „Man kann ein ‚gewaltfreies Gespräch‘ nicht an den Worten erkennen.“ Das erlöst uns von dieser Aldi-Sprache (Aldi, weil man bei jedem Aldi weiß, gleich neben dem Eingang sind die Süßigkeiten und das Brot und an der Kasse ist das Gemüse). Als ich im letzten Sommer mit Marianne und Bärbel auf der Freizeit war, ging es mir mal schlecht und ich brauchte ein Ohr. Ich suchte mir jemanden und nannte erstmal eine Bedingung: „Aber wehe, du sprichst GFK mit mir! Keine 4 Schritte, verstanden?!“
Ich kriege Ausschlag, wenn ich jemandem einen Schmerz erzähle, vielleicht auch weine – und er kommt mir mit so Sätzen wie „Bist du traurig, weil du Wertschätzung brauchst?“ Uaaaaaarrgg! Dann wirklich lieber gar nix sagen!
:-DDD
Wenn ich mich selbst einfühlen soll, geht es mir umgekehrt oft so, dass mir GFK zu langweilig ist. In der Übungsgruppe, in die ich oft gehe (bei Edith), ist eine Frau, die schon seit Ewigkeiten erfolglos an sich arbeitet. Ich merke, wie ich ungeduldig werde, wenn wir sie immer in ihrem Schmerz hören und ihr ihre Bedürfnisse nennen. Das kommt mir vor wie Auf-der-Stelle-treten. Ich sehe oft noch viel mehr und werde dann ganz kribbelig, weil ich es nicht sagen darf. Manchmal kommt mir GFK wie eine Sackgasse vor. GFK ist so sehr „richtig“. 🙁
Ich merke gerade, dass ich wahnsinnig gerne mal wieder mit erfahrenen GFK-Menschen Austausch hätte über ihr Erleben und ihre Entwicklung. Ich komme mir so ausgeschlossen vor – nicht, dass mich jemand aktiv ausgrenzt, aber ich habe so wenig Kontakt zu Giraffen.
Ich würde mich freuen, mal wieder von dir zu hören. 🙂
Herzliche Grüße
Michaela
Hallo Michaela,
schön, von dir zu lesen und herzlichen Dank für deinen Kommentar!
Deine Erfahrungen mit „GFK-Sprache“ kann ich nicht so ganz nachvollziehen. Mir ging es nur darum, dass man „von außen“ nicht sagen, kann ob das Gespräch „gewaltfrei“ ist.
Wenn mir jemand Empathie gibt, tut es mir meistens sehr gut, wenn die Person „verbundene Gefühle / Bedürfnisse“ anspricht / bzw. mir anbietet. Da sehe ich mich immer noch am ehesten verstanden und angenommen – und kann dann „tiefer tauchen“ in meinen Gedanken/Gefühlen.
Das Thema „Auf der Stelle treten“ kenne ich von mir auch – es gibt eben Situationen, die nicht einfach „zu lösen“ sind, und manchmal ist auch nur der eigentliche innnere / äußere Konflikt noch gar nicht angesprochen / bewusst.
Alles Gute Dir!
Markus
Lieber Markus,
liebe GfK-Begeisterte,
ich finde das Thema „Wie sagt man`s richtig gewaltfrei“ auch ganz essentiell und fühle mich manchmal unwohl, diese Frage als Trainerin zu beantworten. Die Unterscheidung innen und außen ist mir dabei auch ganz wichtig. Ich habe gerade nach einem passenden Vergleich gesucht, wenn man eine neue/ausländische Sprache lernt. Wie wäre es mit: Es gibt die Grammatik: Danach ist „Bist Du sauer?“ richtig und „Du bis sauer“ nicht. Und dann gibt es den Inhalt (die wirkliche Botschaft, eben die Haltung): Wie der Inhalt gemeint ist, kann nur der/die Sprechende wissen. Alle Außenstehenden interpretieren unweigerlich.
Manchmal wünsche ich mir, eine eindeutigere Aussage machen zu können in diesen Situationen. Wenn ich dies mit Abstand betrachte, wird ein anderer Aspekt bestimmend: Mit der oben gemachten Unterscheidung von Grammatik und Inhalt belasse ich beim Inhalt die Verantwortung beim Sprechenden und das finde ich „gut“ so, wenn das so ist :-)!
Was meint Ihr?
Liebe Grüße,
Liane
Hallo Liane,
ich sehe es fast so wie Du ;o)
Für mich kann auch eine klare Aussage „Du bist sauer!“ (ohne Frage) sehr empathisch und verbindend sein. Und sie kann es manchmal eben auch nicht sein (wenn sie analytisch gemeint ist).
Wie Du ja auch sagst, die Verantwortung für die Haltung liegt SOWOHL jeweils beim Sprecher wie beim Empfänger. BEIDE können das Gespräch „gewaltfrei“ gestalten und beeinflussen.
Liebe Grüße,
Markus